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Als Teil einer Patchworkfamilie kenne ich die Stolpersteine nur allzu gut. Mein Partner hat zwei wundervolle Mädchen, die in Frankreich leben und bei uns in den Schulferien leben. Diese Konstellation bringt viele schöne und einzigartige Momente mit sich, aber auch einige Hürden, die es zu überwinden gilt.

Das Patchworkleben ist wie ein komplexes Puzzlespiel, bei dem wir verschiedene Teile aus unterschiedlichen Familien zusammenfügen, um ein harmonisches Bild zu erschaffen. Doch dieses Bild zu gestalten erfordert Geduld, Einfühlungsvermögen und die Bereitschaft, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Und das ist manchmal einfach verdammt schwer.

In unserer Patchworkfamilie begegnen wir immer wieder neuen Herausforderungen. Unterschiedliche Erziehungsmethoden und Wertvorstellungen können zu Missverständnissen führen und die Kommunikation gestaltet sich manchmal schwierig. Doch auch die räumliche Distanz zu den Mädchen stellt uns vor Stolpersteine: sind wir präsent genug? Verpassen wir zu viel? Oder sollten wir nicht mehr tun?

In diesem Artikel möchte ich mit dir über die Herausforderungen einer Patchworkfamilie sprechen. Ich möchte dir Tipps geben, wie du ein harmonisches Patchworkleben gestalten kannst und wie du die Situation für dich selbst verbessern kannst. Denn letztendlich geht es darum, eine liebevolle und unterstützende Familie zu schaffen, in der sich alle Mitglieder wohlfühlen und gemeinsam wachsen können. Auch du als Stiefmutter (oder für mich der passendere Begriff Bonusmama).

Und wenn du dir lieber das Video zu den Herausforderungen als Bonusmama anschauen möchtest, dann klick einfach auf das Video.

Herausforderungen einer Patchworkfamilie

Jeder Alltag hat eine andere Dynamik. Wenn verschiedene Familien zu einer Einheit verschmelzen, bringt dies zwangsläufig Herausforderungen mit sich. Jeder einzelne bringt seine eigenen Erfahrungen, Gewohnheiten und Bedürfnisse in die neue Familie ein.
Die Kinder müssen sich jedes Mal an eine neue Dynamik anpassen: andere Essenszeiten, andere Regeln, bei uns sogar eine andere Sprache. Dass dies allein für die Kinder eine enorme Anpassungsfähigkeit erfordert, ist mir als Pädagogin besonders klar und zeigt einfach, wie komplex dieses Thema ist.
Wir als Erwachsene versuchen währenddessen unseren Job mit den Kindern in Einklang zu bringen und müssen uns jedes Mal wieder auf das Leben mit Kindern einstellen – weniger Paarzeit, der Fokus verschiebt sich.

Wir dürfen dabei lernen, unsere Rollen als Eltern und Bonuseltern (neu) zu definieren und miteinander zu kooperieren.
Es ist ein Prozess des Anpassens, des Lernens und des Wachsens.

Wir sind nun seit über 4 Jahren in dieser Konstellation und gelöst ist dieser Prozess für mich noch nicht vollständig.
Immer wieder begegnen mir Fragen wie: „Welchen Einfluss habe ich?“, „Wo ist die Grenze dessen?“, „Was wird von mir erwartet?“ oder „Was kann mir egal sein, worum sollte ich mich nicht kümmern?“.
Und manchmal ist das mit vielen Tränen verbunden und ich würde am liebsten die Flucht nach vorn antreten. Sich immer wieder auf das Gute zu besinnen und darauf zu vertrauen, dass es gut wird, ist nicht immer leicht.

 Tägliche Kommunikation spielt dabei die entscheidende Rolle. Mein Partner und ich sprechen immer wieder darüber: wie es uns in dieser Situation geht, wie wir Grenzen definieren können und wie das Zusammenleben gestaltet werden kann.
Offene und ehrliche Gespräche sind unerlässlich, um Missverständnisse zu klären und Konflikte zu lösen.

Und gleichzeitig kann das so schmerzhaft sein: Da werden die eigenen Kindheitserfahrungen getriggert, alte Wunden kommen zum Vorschein und dürfen geheilt werden. Zweifel kommen zutage: Will ich das wirklich? Worauf habe ich mich da eingelassen?

Uns ist es dabei wichtig, dass jeder seine Gefühle und Bedürfnisse ausdrücken kann, ohne Angst vor Ablehnung oder Verurteilung zu haben. Es darf alles sein, auch wenn es nicht immer leicht ist, den anderen darin zu halten. Wir versuchen jedoch immer respektvoll miteinander umzugehen und die Perspektive des anderen zu verstehen.
Dazu gehört es für uns auch, dass wir nicht immer alles sofort lösen können. Manchmal müssen wir eine Diskussionspause einlegen, darüber schlafen oder verschiedene Wege ausprobieren, bis es für uns stimmig ist.

 Unterschiedliche Ansichten: Ein weiterer Stolperstein in Patchworkfamilien ist die Vereinbarkeit unterschiedlicher Erziehungsmethoden.

Jede Familie hat ihre eigenen Regeln und Routinen, und es kann schwierig sein, diese miteinander in Einklang zu bringen.

Unser größter Konfliktherd hierbei ist der Medienkonsum der Kinder. Da könnten wir uns regelmäßig darüber in die Haare bekommen. Und dabei ist Kompromissbereitschaft gefragt. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten ihre Bedürfnisse und Grenzen respektieren und gemeinsam Regeln und Rituale entwickeln, die für alle akzeptabel sind. Für uns heißt das: begrenzte Zeit vor den Screens – für ihn zu wenig, für mich zu viel. Und gleichzeitig akzeptabel für uns beide.

Auch die räumliche Distanz zu den Kindern kann eine Herausforderung darstellen. Wenn die Kinder in einer anderen Stadt oder sogar einem anderen Land leben, müssen wir uns organisieren, um regelmäßige Besuche zu ermöglichen.
Es erfordert Planung, Flexibilität und manchmal auch finanzielle Aufwendungen. Und dabei tauchen immer Zweifel auf: Reicht das? Ist es gut genug? Verpasse ich nicht zu viel? Und das Gefühl von Schuld kriecht hoch.

Wir versuchen dies wettzumachen, indem wir die Zeit, die wir gemeinsam verbringen, möglichst auskosten. Schöne, bleibende Erinnerungen zu schaffen – das ist für uns von unschätzbarem Wert und stärkt unsere Bindung als Patchworkfamilie.

“Eine Patchwork-Familie ist wie ein bunter Quilt, jeder Stoff einzigartig, aber zusammen perfekt.”

 

Ist es das alles wert?

Trotz all dieser Herausforderungen gibt es auch viele Chancen, die das Patchworkleben mit sich bringt. Es ermöglicht uns, verschiedene Perspektiven kennenzulernen und unsere eigene Sichtweise zu erweitern.
Wir können von den Erfahrungen und dem Wissen anderer Familienmitglieder profitieren und gemeinsam wachsen. Patchworkfamilien können eine Quelle der Unterstützung und des Zusammenhalts sein, in der sich jeder angenommen und geliebt fühlt.

Mein Ziel dabei als Bonusmama ist es, den Kindern ein weiteres Vorbild zu sein: eine selbstständige Frau, aus einem anderen Land, mit anderen Ansichten und einem anderen Lebensstil. Was sie davon mitnehmen, bleibt ihnen überlassen. Und selbst das klingt einfacher als es tatsächlich ist.

Im nächsten Abschnitt werde ich dir meine Tipps geben, wie du ein harmonisches Patchworkleben gestalten kannst und was uns hilft. Ich werde dir zeigen, wie du die Herausforderungen meistern und die Chancen nutzen kannst, um eine starke und liebevolle Patchworkfamilie aufzubauen.

Tipps für ein harmonisches Patchworkleben

Um ein harmonisches Patchworkleben zu gestalten, ist es wichtig, dass alle Familienmitglieder aktiv dazu beitragen. Hier sind einige Tipps, die mir dabei helfen:

1. Kommunikation und Offenheit:
Schaffe einen Raum, in dem alle Familienmitglieder frei ihre Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse ausdrücken können. Höre aktiv zu und sei bereit, die Perspektive des anderen zu verstehen. Kläre Missverständnisse rechtzeitig und löse Konflikte a
uf eine respektvolle Weise. Sobald sich etwas nicht stimmig anfühlt, spreche ich es an. So staut es sich gar nicht erst an und wir können die Situation schnellstmöglich entzerren.

2. Gemeinsame Zeit:
Plane regelmäßige gemeinsame Aktivitäten, um als Familie Zeit miteinander zu verbringen. Dies stärkt den Zusammenhalt und ermöglicht es, sich besser kennenzulernen. Finde Aktivitäten, die allen Spaß machen und die Interessen aller Familienmitglieder berücksichtigen. Und gleichzeitig ist es für mich essenziell, mir immer wieder Freiräume
einzurichten. Den Fernsehabend auszulassen und stattdessen lesen, zum Beispiel. Ich habe für mich die Erfahrung gebracht, dass diese Zeit mit mir selbst dabei hilft, gelassener zu sein und dann die gemeinsamen Momente intensiv genießen zu können.

3. Respekt und Toleranz:
Jeder bringt seine eigenen Erfahrungen und Persönlichkeiten in die Patchworkfamilie ein. Zeige Respekt und Toleranz für die Unterschiede und akzeptiere, dass nicht jeder gleich tickt. Lerne, Kompromisse einzugehen und gemeinsame Lösungen zu finden.
Damit einher geht auch, dass du deine Grenzen
aufzeigen darfst: deine Ansichten, Meinungen und Gefühle sind unglaublich wichtig und du darfst diese auch benennen. Auch wenn der Weg nicht immer meiner ist (zum Beispiel der Medienkonsum), so entscheide ich mich jedes Mal bewusst dazu, diesen Weg mitzugehen – aus Liebe. Mir bewusst zu machen, dass ich das aus freien Stücken wähle, macht es leichter. Und gleichzeitig kommuniziere ich, dass mir mehrere Stunden Bildschirm-Zeit zu viel sind und versuche Kompromisse einzugehen.

4. Klare Regeln und Routinen:
Schaffe klare Regeln und Routinen, die für alle Familienmitglieder gelten. Dies gibt Sicherheit und Struktur und hilft, Konflikte zu vermeiden. Beteilige alle Familienmitglieder an der Entwicklung dieser Regeln, um sicherzustellen, dass sie von allen akzeptiert werden. So haben sich zum Beispiel unsere Bonuskinder Spieleabende gewünscht, sodass wir nun jeden Abend nach dem Abendessen etwas spielen. Reduziert für mich die Zeit an den Bildschirmen und bringt nebenbei noch wunderbar leichte Momente.

5. Gemeinsame Werte und Ziele:
Finde gemeinsame Werte und Ziele, die für die Patchworkfamilie wichtig sind. Dies schafft eine gemeinsame Basis und gibt Orientierung. Setzt euch gemeinsam Ziele und arbeitet als Team daran, sie zu erreichen. Für uns ist unsere Basis beispielsweise Offenheit und Kompromissbereitschaft. Wir wollen dies vor allem zusammen erreichen und eine offene Kommunikation ist für uns dabei zum Grundpfeiler geworden.

6. Akzeptanz der Vergangenheit:
Jeder in einer Patchworkfamilie hat eine Vergangenheit mit eigenen Erfahrungen und Beziehungen. Akzeptiere, dass diese Vergangenheit Teil des Lebens jedes Familienmitglieds ist und dass sie Auswirkungen haben kann. Sei offen für Gespräche darüber und unterstützt euch gegenseitig bei der Verarbeitung von schwierigen Erfahrungen. Ich bin zum Beispiel in einem sehr strukturierten Elternhaus groß geworden, während mein Partner das genaue Gegenteil erfahren hat. Dies hat uns geprägt und wir dürfen nun immer wieder das Gleichgewicht zwischen Struktur und Flexibilität finden.

7. Unterstützung von außen:
Manchmal können professionelle Unterstützung oder Beratung von außen hilfreich sein, um bestimmte Herausforderungen zu meistern. Zögere nicht, Hilfe anzunehmen!

In a Nutshell

Das Leben in einer Patchworkfamilie ist nicht immer einfach, aber mit Liebe, Geduld und Verständnis ist es möglich, eine harmonische und glückliche Familie zu schaffen. Kompromissbereitschaft, Offenheit und Kommunikation sind für mich der Schlüssel zum Erfolg. Und sei liebevoll und geduldig mit dir – es ist eine sehr herausfordernde Situation und du darfst immer wieder innehalten und dazulernen.

Erzähle mir in einer privaten Nachricht von deiner persönlichen Reise im Patchworkalltag!

Mach’s ganz gut,
Deine Sally